Etwa seit Mitte der 90er Jahre entwickelte sich Tostedt zu einem Anlaufpunkt der rechten Szene. Immer wieder kam es zu Gewalt- und Straftaten, die vor allem jene betrafen, die sich aktiv gegen Rechts engagierten. Die Vorfälle gipfelten im April 1998 in einer Verfolgungsjagd, bei der eine Frau lebensgefährlich verletzt wurde.

Nach dieser Tat organisierten Lehrerinnen und Lehrer des örtlichen Gymnasiums eine Informationsveranstaltung, zu der alle interessierten Bürgerinnen und Bürger gebeten waren. Die OrganisatorInnen wollten dem Geschehen in Tostedt nicht länger tatenlos zusehen. Während verschiedene Erfahrungen ausgetauscht und Expertenmeinungen gehört wurden, entwickelte sich die Einsicht, dass dem Problem Rechtsextremismus auf verschiedenen Ebenen begegnet werden muss. Um dies zu erreichen, bildete sich im Anschluss an dieses Treffen ein breites Bündnis von Tostedter Bürgerinnen und Bürgern: das Forum für Zivilcourage.

Nach und nach festigte sich die Zusammenarbeit zwischen dem Forum und VertreterInnen der Jugendarbeit, der Kirchen, der Polizei, der Verwaltung, der Vereine und Verbände, der Schulen und der Politik. Vorrangiges Ziel der Arbeit des Forums ist das Hinsehen, wenn Menschen an die Wand gedrückt und diskriminiert werden; das Hinhören, wenn abwertende Sprüche gemacht, Menschen beschimpft oder fremdenfeindliche Parolen gebrüllt werden; und vor allem das Mut-Zeigen, Handeln und Einmischen, um fremdenfeindlichen und rechtsradikalen Gesinnungen keinen Raum zu lassen.

Eine der ersten Aktionen war die Fahrt zur Gedenkstätte am Bullenhuser Damm am 20.04.1999. Dieser Tag, der von Neonazis und Rechtsextremisten immer wieder mit politischen Aktionen und Feiern belegt wurde, sollte auf andere Weise besetzt werden. Vom Platz "Am Sande", einem beliebten Treffpunkt der rechten Szene im Ortskern von Tostedt, brachten Busse alle interessierten TeilnehmerInnen zu einer Gedenkfeier, die für die Opfer des Nationalsozialismus in der "Janusz-Korczak-Schule" gehalten wurde.

Dieser ersten Veranstaltung folgten viele weitere, u.a. Zeitzeugenveranstaltungen mit Esther Bejarano und Tönnies Hellmann, Informationsveranstaltungen zum Thema Rechtsextremismus sowie drei Bürgerfeste.

Inzwischen gibt es das Forum für Zivilcourage seit elf Jahren (Stand: 2009). Viel wurde seit seiner Gründung erreicht. Insbesondere ist die Sensibilität gegenüber den Problemen in unserem Ort erhöht worden. Trotzdem ist es wichtig, nicht innezuhalten, sondern weiterzumachen, damit Tostedt bunt bleibt und Gewalt und Fremdenfeindlichkeit hier keinen Platz haben!